kaliber .38 - krimis im internet

 

Krimi-(Vor-)Auslese 08/2019

 

Der Tod betritt die Bühne Die Retrowelle rollt munter weiter: Georges Simenon in tödlicher Dosis (Kampa / Hoffmann und Campe / Atlantik), Conan Doyle (Fischer, immerhin frisch übersetzt), Colin Dexter (Unionsverlag), Giorgio Scerbanenco (Folio) und nun auch P. D. James (Atrium). Was literarisch sichtbar werden soll, bleibt unklar. Ins Auge springen die satten Preise - knapp zweihundert Seiten Scerbanenco für 18 Euro (okay, mit einem neuen Nachwort von Gianrico Carofiglio), und der Atrium Verlag ruft gleich 22 Euro auf für P. D. James' Roman Der Tod betritt die Bühne - der war in gleicher Übersetzung bereits 1984 unter dem Titel "Ende einer Karriere" erschienen. Ts, ts!

 

Der Gesang der Flusskrebse Hanserblau heißt ein neues Imprint das Münchner Hanserverlags. Laut Selbstbeschreibung steht Hanserblau für "ein populäreres und breitenwirksames Programm" und für "[e]ingängig erzählte, handlungsgetriebene zeitgenössische Romane". Das klingt nach Texten aus dem dunklen Grenzbereich zwischen niederschwelliger Wohlfühl-Literatur und Inklusion. Unser Interesse geweckt hat aber Der Gesang der Flusskrebse von Delia Owens - schon des poetischen Titels wegen. Der Roman spielt in der Mitte des letzten Jahrhunderts in North Carolina und wurde von der unbestechlichen New York Times gerühmt als ein "schmerzlich schönes Debüt, das eine Kriminalgeschichte mit der Erzählung eines Erwachsenwerdens verbindet und die Natur feiert.". Siehste, das ist doch was! Hanserblau drückt das Werk in einer Auflage von 100.000 Exemplaren auf den Markt - wir wünschen das Beste und sagen teu, teu, teu!

 

Morduntersuchungskommission Was haben wir noch? Neues von Max Annas mit dem sperrig-schönen Titel Morduntersuchungskommission - der "erste große Kriminalroman, der in der DDR spielt", wie es in der Ankündigung des Rowohlt Verlags heißt. Ob das stimmt, sei mal dahingestellt, aber ein Kriminalroman über eine Untersuchungskommission aus Gera, die im Jahre 1983 den Tod eines jungen Mosambikaners aufklären muss, verspricht spannend zu werden - nicht nur als Geschichte aus und über die DDR, sondern auch über die Gemengelage kurz vor dem 30-jährigen Mauer-Jubel-Dingensda.

 

Totenland Auch interessant: Totenland. Ein Mord in Deutschlands Stunde null von Michael Jensen (Aufbau). Ende April 1945, in den buchstäblich allerletzten Tagen des Nazi-Regimes, versucht ein Cop mitten im Chaos des Zusammenbruchs, den Mord an einem NSDAP-Funktionär aufzuklären. Ob ein Kriminalroman vor der ungewöhnlichen historischen Kulissen funktioniert?

Ein Blue-Collar-Krimi aus Pennsylvania im Argument Verlag: Wenn Engel brennen von Tawni O'Dell spielt in einer Region, die der exzessive Kohle-Bergbau völlig verwüstet hat und in der nur noch Menschen leben, die zu schwach oder zu arm sind, um sich irgendwo anders eine neue Existenz aufzubauen. Und unter ihnen brennt die Erde...

Neues von Garry Disher im Unionsverlag: Kaltes Licht um den ältlichen Ermittler Alan Auhl, Senior Detective Sergeant für Cold Cases in Melbourne. Guter Stoff aus Down Under von einem Krimi-Autor, der wie kaum ein anderer seit langen Jahren zuverlässig und absturzfrei feine Qualität abliefert.

 

Viele weitere Anregungen finden Sie in den Neuerscheinungen August 2019.

 

© j.c.schmidt, 2019

 

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