kaliber .38 - krimis im internet

 

Jedermann ein König

 

Blut und Donner Louisiana 1935. Senator Huey P. Long, genannt der "Kingfish", ist ein Mann, der die Massen polarisiert: Viele beten ihn an, als sei er der Erlöser, andere hassen ihn bis aufs Blut. In New Orleans und in Baton Rouge kam es bereits zu bewaffneten Tumulten. Doch der Senator und seine Getreuen - die berüchtigten "Longsters" - halten den Staat im Würgegriff: von der Leitung des örtlichen Krankenhauses über die Universität bis hin zum Gouverneur (der praktischerweise O.K. Allen heißt, so daß er nur die Initialen seines Vornamens unter die Vorgaben des Senators setzen muß) ist alles fest in der Hand der Longsters. Oberste Steuereintreiberin ist die Geliebte des Senators, das Parlament ist eine abnickende Versammlung, und mißliebigen Richtern wird durch eine kurzfristige Änderung der Wahlkreise ihre Wiederwahl unmöglich gemacht.

Mit einer bizarren Mischung aus populistischen Phrasen ("teilt den Reichtum", "jedermann ein König") und dumpfen Hetztiraden und drängt es den Südstaaten-König ins Präsidentenamt. Die Kriegskasse ("Abzugskiste" genannt) ist prall gefüllt, die Kohle ist weitgehend dem Südstaaten-Mob geschuldet. Und sogar die Memoiren "Meine ersten Tage im weißen Haus" sind bereits vollendet.

Persönlichen Schutz erhält der Senator von einer denkfaulen aber schießwütigen Rabaukentruppe - berüchtigter Redneck-Pöbel, der bei öffentlichen Auftritten des Kingfish jeden zusammenschlägt, der ein noch so dünnes, kritisches Stimmchen erhebt. Doch die Aufklärung der Morddrohungen, die gegen ihn eingegangen sind, traut der Senator seiner tumben Terror-Truppe nicht zu.

Der ehemalige Cop und jetzige Privatdetektiv Nate Heller soll die Ermittlungen für den besorgten Senator übernehmen und sich unter dessen Leibwächter mischen. Doch Nate Heller hat eine dunkle Erinnerung: Schon einmal hatte er sich als Leibwächter für einen Politiker verdingt, und seinerzeit konnte er den Mordanschlag auf den Bürgermeister von Chicago nicht verhindern.

Max Allan Collins ist mit "Blut und Donner" ein prächtiger historischer Polit-Thriller geglückt, der sich vor James Ellroys L.A.-Romanen nicht verstecken muß. Collins geht es eben nicht um den "amerikanischen Hitler" Huey P. Long (ein zeitgenössischer Vergleich!), diese bizarre Mischung aus verbrauchten Idealen und persönlichen Ressentiments. Collins geht es um den ganzen verkommenen Polit-Apparat, in dem die einzelnen Organe zum bloßen Instrument der persönlichen Machtabsicherung degeneriert sind. Und das gilt auch für die Gegner des Kingfish. Wer da mit wem bis wann koaliert, um sich dann bei nächster Gelegenheit neue Allianzen aufzubauen, bis diese auch nicht mehr opportun sind, hat mehr mit Politur als mit Politik zu tun.

Schade bloß, daß Collins am Anfang Frauen immer nur dann einführt, wenn Sie beachtliche Oberweiten oder Hinterteile zu bieten haben:

"Sie nickte verständnisvoll und quetschte sich in den Gang hinaus. Für uns vier - sie, mich und ihre Brüste - war eigentlich nicht genug Platz da. Ich fühlte mich aber nicht gestört."

Au weia!

 

© j.c.schmidt, 2000

 

Max Allan Collins: Blut und Donner. (Blood and Thunder, 1995). Aus dem Amerikanischen übersetzt von Ronald M. Hahn. Mit einem Nachwort und einer Bibliographie von Martin Compart. Köln: DuMont, 1999 (DuMont Noir 17), 395 S., 19.90 DM.

 

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